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Journalisten: Für den Zuschauer in Bagdad - und mitten im Kriegsherd

Stephan Kloss ist einer von ihnen. Er ist einer der Journalisten, die in Bagdad ausharren. Trotz Kriegszeiten. Und trotz Beschränkungen versuchen sie, der Welt zu berichten, was im Irak vor sich geht.

Einfach ist das mit Sicherheit nicht. Das Fernsehen sendet seit Tagen fast rund um die Uhr Bilder aus dem Kriegsgebiet. Und immer wieder wird erwähnt, dass Aufpasser mit den Journalisten unterwegs seien. Unter anderem Das Erste strahlt Live-Schaltungen aus Bagdad aus. Und Stephan Kloss berichtet darin, den Journalisten würden teilweise die Satellitentelefone abgenommen. Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung habe er keinen Pass, berichtet der Journalist. Den hätte er am Vortag Geheimdienstagenten übergeben müssen. Mit dem Hinweis, er bekäme ihn am folgenden Tag wieder. Nervös wirkt Stephan Kloss, so dass auch die Moderatorin im Studio darauf hinweist, sie könne das Gespräch abbrechen, wenn es zu gefährlich werde. Er verneint, das gehe schon in Ordnung.

In einem Interview der Online-Ausgabe des Spiegel beklagt "heute journal"-Moderator Klaus-Peter Siegloch die Unterscheidung zwischen festen und freien Journalisten. An die ARD richte sich dieser Vorwurf. Denn Stephan Kloss ist ein Freier. Jörg Armbruster, ein Fester der ARD, war bis Dienstag in Bagdad. Kloss hat seine Stellung übernommen.

SWR-Korespondent Stephan
Kloss für die ARD in Bagdad

Bild: SWR
 

Journalismus mit Einschränkungen

Wer entgegen den US-Empfehlungen in Bagdad geblieben ist, muss mit dem Informationsministerium des Staates arbeiten. Dort werden Pressekonferenzen gehalten, Übertragungsanlagen für Bildübertragungen und Texte bereitgestellt. Es werden Schauveranstaltungen organisiert, so zum Beispiel ein Rundgang im Krankenhaus. Stundenlang flimmern die Bilder der Verletzten über die Mattscheibe. Und häufig mit dem Ton vom Korrespondenten, er könne nicht sagen, wann und wo die Personen verletzt wurden. Denn die Informationen sind streng kontrolliert, seit der Krieg begonnen hat. Will ein Journalist sich außerhalb seines Hotels bewegen, wird er von einem Begleiter des Ministeriums kontrolliert. Recherchen sind nur noch in Gruppen möglich, die vom Irakischen Informationsministerium organisiert werden.

Telefonkorrespondenz mit Angriffskulisse

Antonia Rados ist bereits seit Januar für RTL in Bagdad. Sie berichtet auch für n-tv. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagt sie: Es ist ein permanentes Abtasten der Grenzen. Wir müssen Lösungen finden, damit wir weiter berichten können. Wir konnten uns immer frei bewegen, aber nie frei filmen. Seit der Krieg begonnen hat, sind die Iraker sensibler geworden. Die Österreicherin entnehme ihre Informationen aus den offiziellen Medien, den Leuten vor Ort und dem, was sie mit ihren Augen sehe. Diese Gratwanderung beherrscht die Korrespondentin: Selbst während Angriffsgeräuschen im Hintergrund ist sie per Satellitentelefon auf Sendung. Kaum zu verstehen und doch irgendwie für alle Zuschauer mittendrin.

Oft gesehene Schaltbilder: der Reporter vor dem Informationsministerium. Auch Ulrich Tilgner steht vor einer Kamera des ZDF. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärt er, ein Abzug aus dem Irak sei für ihn nicht in Frage gekommen. Tilgner berichtet schon lange aus der Region und hätte es als Einknicken in seinem Beruf empfunden.

Selbst entscheiden, wann der Bunker wichtiger als die Bilder wird

In vielen Sendungen herrscht die eintönige Stimme: „Wenn es zu gefährlich wird geht das Leben der Mitarbeiter vor.“ Die Studioreporter bekräftigen dies, weisen ihre Korrespondenten wieder und wieder darauf hin, dass sie selbst entscheiden sollen, wann sie die Arbeit einstellen. Für RTL beispielsweise sind neben Antonia Rados zehn weitere Korrespondenten unterwegs. Sowohl in den USA als auch im Kriegsgebiet. Ulrich Klose begleitet das 3. Panzerbataillon der US-Infanteriedivision in Kuweit. Sogenannte „embedded correspondents“ wie Klose sollen Reportagen aus der Truppe liefern.

Nah dran - an seinen Mitarbeitern im Kriegsgebiet - ist auch der ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender. Er betont gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass er in ständigem Kontakt mit Korrespondent Ulrich Tilgner stehe. Der 55-jährige Journalist bleibt bis auf weiteres in der irakischen Hauptstadt. Der Chefredakteur beteuert, das ZDF habe hohes Vertrauen in Tilgners journalistische Berichte und in seine Beurteilung der Sicherheitslage. „Ulrich Tilgner ist ein sehr erfahrener Journalist, der die Golfregion seit vielen Jahren intensiv beobachtet und auch im Irak sehr ortskundig ist.“

Ähnlich beschreibt auch Antonia Rados die Entscheidung, wann das Team im Bunker Schutz suchen wird. Sie hält allerdings die Gefahr, die Stadt zu Beginn des Krieges zu verlassen, für viel größer, als vor Ort zu bleiben. Gegenüber RTL online sagt sie: „Es wird der Punkt kommen, an dem wir keinerlei Risiko mehr eingehen. Dann werden wir uns wie alle Zivilisten in irgendeinem Bunker verstecken.“

Bagdad verlassen

Neben den erwähnten Fernsehreportern befinden sich für die Deutsche Presse-Agentur Carsten Hoffman und Gregor Mayer in der irakischen Hauptstadt. Katrin Sandmann, die für Sat.1 und n24 berichtete, hat die Entscheidung zu gehen bereits hinter sich. Sie hat Bagdad bereits am Mittwoch (19.03.) verlassen. Der amerikanische Nachrichtensender CNN muss nun ebenfalls ohne seine Journalisten in Bagdad auskommen. Wie der Sender mitteilte, hätten die irakischen Behörden den CNN-Korrespondenten und seine drei Kollegen aufgefordert, nach Jordanien auszureisen.

CNN-Zuschauer müssen dennoch nicht auf Bilder aus Bagdad verzichten. Gemeinsam mit dem deutschen Nachrichtensender n-tv hat CNN eine Web-Cam auf dem Dach des irakischen Informationszentrums installiert. Das berichtet das Journalistenportal Newsroom. Auf der Homepage von n-tv seien nun Live-Bilder vom Stadtzentrum von Bagdad zu sehen.

(fan) 20.03.2003
Der Artikel erschien bei Freie Presse Deutschland - www.freiepresse.org
Linktipp:
Das Tagebuch von Stephan Kloss ist auf der Homepage des MDR einzusehen.