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Neue Strukturen bei der Deutschen Presse-Agentur

Hamburg. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) steckt in der umfassendsten Strukturreform ihrer Geschichte. Ein Grund ist die wirtschaftliche Krise vieler Medienunternehmen, die zugleich Gesellschafter und Kunden der Agentur sind.

Bis zum Ende des Jahres soll die Umstrukturierung in der Wortberichterstattung abgeschlossen sein, von der dauerhaft Einsparungen erwartet werden - auch beim Personal. Insgesamt sollen bis zu fünf Prozent der Planstellen eingespart werden. Außerdem müssen sich viele der knapp 500 fest angestellten Redakteure an neue Arbeitsabläufe gewöhnen.

Nachrichten entstehen bei dpa seit Jahrzehnten nach einem Muster, das jetzt erstmals aufgebrochen wird. Wird bislang etwa in Hildesheim ein spektakulärer Mordprozess verhandelt, schickt der Reporter seinen Bericht an das Landesbüro in Hannover, wo ein Tischredakteur den Text bearbeitet und verantwortlich in den dpa-Landesdienst Niedersachsen sendet. Bevor der Artikel bundesweit im dpa-Basisdienst verbreitet werden kann, muss er vom Landesbüro an die Basisredaktion in Hamburg weitergeleitet werden, wo er ein weiteres Mal gelesen und bearbeitet wird. Diese Doppelarbeit soll künftig nicht mehr durchgeführt werden.

In der neuen Struktur entfällt eine komplette Hierarchie-Ebene: die der verantwortlichen Tischredakteure in den Landesbüros. Entweder gehen Berichte zur bundesweiten Verbreitung direkt an die Basisredaktion, oder sie werden zur Sendung im jeweiligen Bundesland nach dem Vier-Augen-Prinzip im Landesbüro gegengelesen. Dabei wird die Eigenständigkeit der Landesbüros organisatorisch gestärkt.

In einer Testphase wurde dieser Ablauf bereits Ende 2002 in Bayern und Baden-Württemberg erprobt, seit Jahresbeginn 2003 wird er nach und nach in allen Bundesländern eingeführt. Begleitet wird die Umstellung durch eine intensive Schulung der Journalisten in den Landesbüros, damit die Texte bereits bei der Entstehung den dpa-Standard bekommen, den sie bislang teilweise erst am Landesdienst-Tisch erhielten. Zugleich werden die Redakteure der Hamburger Zentrale darauf eingestellt, bei Bedarf neben dem Basisdienst auch die Landesdienste zu bedienen.

«Mit dieser schlankeren Struktur stellt sich dpa effizienter für die Zukunft auf, ohne dass es Abstriche bei der Qualität gibt», sagt der stellvertretende Chefredakteur Harold Bojunga. Mit der Verringerung ihrer Kosten reagieren Nachrichtenagenturen auch darauf, dass ihnen durch den Auflagenrückgang der Zeitungen Einnahmen entgehen. Da die Bezugspreise sich nach der Auflagenhöhe richten, bricht der dpa pro Jahr etwa eine «virtuelle Zeitung» mit über 300 000 Exemplaren Auflage weg. Und mit der «Rheinischen Post» hat zum Ende dieses Jahres eine auflagenstarke Tageszeitung tatsächlich den dpa-Dienst gekündigt. Sie will künftig als dritte deutsche Zeitung ohne dpa auskommen.

«Ich habe Verständnis dafür, dass einzelne Kunden sich von kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Überlegungen leiten lassen», sagt Richtberg. «Das geht aber nicht ohne Qualitätsverlust und wird sich zumindest langfristig ökonomisch nicht auszahlen.» Die gegenwärtige Krise führe dazu, dass sich viele Medien Dinge nicht mehr leisteten, die früher selbstverständlich waren. Dies zeige sich beispielsweise bei der Berichterstattung vom Irak-Krieg, wo dpa allein in Bagdad permanent mit zwei deutschen Journalisten vertreten ist, oder bei personalintensiven Sport-Großereignissen wie Olympischen Spielen. «Die dpa-Dienste sind bei optimaler Nutzung das größte Rationalisierungsinstrument für unsere Kunden», meint Richtberg.

(von Klaus Koch, dpa/fan), 10.04.2003