Der Blick auf die Medien
medienspiegel
schlagzeilen
hintergrund
extra
meinung

lesen

anschauen

hören

anklicken
archiv
gästebuch
intern
impressum
kontakt
© medienspiegel
Journalisten-Alltag während des Krieges - Einblicke beim Medientreffpunkt

Einblicke in die Kriegsberichterstattung – nicht alltäglich, auch wenn die Auseinandersetzung mit den Berichten mindestens so wichtig wie die Kriegsinformationen selbst geworden ist. Aus einiger Distanz – zeitlich und räumlich - haben Journalisten von ihrer Arbeit während des Irak-Krieges berichtet. Unter dem Motto "Blickwinkel – Versionen eines Krieges" diskutierten sie innerhalb des Medientreffpunkt Mitteldeutschland am 12. Mai in Leipzig.


Praktiker während der Talkrunde: Horst Faas (ap), Aktham Suliman (al Jazeera), Stephan Kloss (ARD), Andreas Trampe (stern) - v.l.n.r.
Bild: S-WOK/Thomas Pflaum


Die Konkurrenz unter den Journalisten scheint hoch, dennoch verstand Aktham Suliman vom arabischen Fernsehsender al Jazeera das Verhältnis unter den Sendern als ein Miteinander. „Wir ergänzen CNN genauso, wie uns CNN ergänzt“, erklärte er. Die Reporter von al Jazeere könnten gelassender, ruhiger mit der Kriegssituation umgehen, zeigten eine andere Sicht, so Suliman. Dass der zweite Irak-Krieg ein Propaganda-Krieg war, dementierte keiner der Diskussionsteilnehmer. „Es gab noch nie so viel Propaganda wie in diesem Krieg. Aber die Propaganda ist vielfältiger geworden“, war Suliman überzeugt. Somit hätten die Zuschauer sich ein umfangreicheres, eigenes Bild machen können.

Auch Stephan Kloss, der für die ARD aus Bagdad berichtet hatte, gestand ein: „Natürlich besteht die Gefahr, der Propaganda auf den Leim zu gehen.“ Kritik gegenüber den westlichen Medien sprach Kloss ebenfalls aus. „Ich glaube, dass Sahaf (der irakische Informationsminister) von den westlichen Medien ein bisschen überbewertet wurde. Wir nannten ihn manchmal den Desinformationsminister.“ Informationen der irakischen Regierung seien regelrechte Zufallstreffer gewesen.

Von Deutschland aus verfolgte Horst Faas von Associated Press (ap) die Kriegsereignisse. Er habe während des Krieges etwa 25 Fotografen am Telefon gehabt. Das oberste Gebot aus seiner Sicht war die Aufforderung „Bleib bloß am Leben.“ Wie brisant dieser Satz war, schilderte er am Beschuss des Hotels Palastine. Während des Beschusses des Hotels, in dem die meisten Journalisten Bagdads untergebracht waren, hätten zwei Reporter der Agentur ap miteinander telefoniert. Ein in die angreifenden Truppen eingebetteter Journalist habe den Kollegen im Hotel angerufen, so Faas. „Er fragte ihn: In welchem Stockwerk befindest Du Dich, auf das 15. Stockwerk wurde gerade geschossen.“ Anschließend hätte der Journalist aus dem Palastine versichert, dass sich statt der vermuteten Waffen nur Kameras im Palastine befanden. „Nein, hier wird nicht geschossen. Hier sind nur Journalisten“, habe der Kollege geantwortet. Horst Faas konnte mit diesem Gespräch untermauern, welchen Einfluss Journalisten manchmal haben – und zwar nicht nur aus der Ferne.


Andreas Trampe (stern): "Krieg verkauft sich genauso gut oder schlecht wie jedes andere Großereignis".
Bild: S-WOK/Thomas Pflaum


Ob die Kriegsberichterstattung eine Chance sei, berühmt zu werden? „Das ist sehr hilfreich, das muss man schon sagen“, gab Andreas Trampe, Bildchef des stern, zu. „Alles, was außergewöhnlich ist, führt zum Pulitzer Preis oder zum World Press Award. Das hilft schon“, fügte er hinzu. Dass der Krieg ein reiner Auflagenrenner sei, stritt er jedoch ab. "Krieg verkauft sich genauso gut oder schlecht wie jedes andere Großereignis". Bereits nach kurzer Zeit seien die Menschen des Themas überdrüssig geworden, deswegen hätten sich die letzten Ausgaben mit einem Irak-Titel eher schlecht verkauft.

(fan/mtm) 12.05.2003
Linktipp:
Mehr zum Medientreffpunkt Mitteldeutschland, den Referenten und Pressemitteilungen unter www.medientreffpunkt.de.